Argumentationswettstreit zur Versachlichung der Klimadebatte (zur BTW 2025)
Die menschengemachten Klimaveränderungen mit absehbar katastrophalen Folgen schreiten Tag für Tag vor unser aller Augen voran. In den demokratischen Parteien herrscht weitgehender Konsens darüber, dass diese Entwicklung gestoppt werden muss. Mit welcher Priorität das Problem zu behandeln ist und welche Lösungswege eingeschlagen werden sollten – darüber besteht erheblicher Dissenz. Einige prominente Stimmen aus dem Politikbetrieb positionieren sich öffentlichkeitswirksam gegen ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen und begründen diese Position u. a. mit Verweis auf "Technologieoffenheit" und "Zukunftstechnologien".
Die inhaltliche Qualität der politischen Debatte über Klimaschutz und Energiewende ist aus wissenschaftlicher und technischer Sicht oft erschreckend niedrig. Sie bildet aber dennoch die Grundlage für politische und gesellschaftliche Entscheidungen. Die dysfunktionale Klimadebatte ist damit ein entscheidender Teil des Problems – und muss deshalb in ernstzunehmenden Lösungsstrategien mit adressiert werden.
Ein konkreter Vorschlag dazu ist, ausgehend von ihrer grundsätzlich positiven Haltung gegenüber Technologie (und damit Naturwissenschaften) Vertreter:innen der Klimaschutz-verzögernden Parteien (ggf. mit Fokus auf die CDU) zu einem sachlichen, inhalts-fokussierten und ergebnisoffenen Argumentationswettstreit herauszufordern, der über einen längeren Zeitraum stattfindet und nachvollziehbar digital dokumentiert wird. Dabei entfallen typische Qualitätssenker wie das Ende der Sendezeit oder das abstrakte Berufen auf nicht näher genannte Studien. Anders als in den meisten Medienformaten soll es dabei nicht um Unterhaltungswert gehen. Es soll darum gehen, dass Partei-Vertreter:innen, die den Anspruch haben, Politik zum Wohle der Bevölkerung zu machen, sich fundiert mit dem Stand der Wissenschaft auseinandersetzen und ihre politischen Positionen entsprechend begründen oder ggf. nach einem Erkenntnisprozess korrigieren. Dem Prinzip der Ergebnisoffenheit folgend soll es genau so darum gehen, das Vertreter:innen einer ambitionierten Klimaschutzpolitik Argumente, die für eine generelle Zurückhaltung beim Klimaschutz bzw. gegen bestimmte konkrete Maßnahmen sprechen, verstehen und in ihre eigene Positionierung einbeziehen.
Ausgangspunkt des Argumentationswettstreites sollte ein Konsens darüber sein, dass kein Mensch und auch keine Gruppe allwissend und unfehlbar ist und dass es nicht darum geht, Recht zu behalten, sondern möglichst gute Lösungen für ein sehr ernstes Problem zu erarbeiten.
Für eine den Sachzwängen des politischen Systems ausgesetze Partei ist es eine signifikante Herausforderung, sich an einem kontroversen Diskurs zu beteiligen, den sie absehbar nicht durch Rethorik dominieren kann. Deswegen braucht es eine Kampagne, die einen gewissen öffentlichen Druck erzeugt, um sich überhaupt auf diesen Diskurs einzulassen. Genau das soll die Einladung zu einem ergebnissoffenen Argumentationswettstreit leisten. Wenn diese Einladung öffentlichkeitswirksam und seriös durch eine Gruppe von z.B. "1000 Ingenieuren" erfolgt und die Kernbotschaft enthält "Ihr setzt beim Klimaschutz auf Technologie. Wir kennen uns damit aus und halten Eure Ansätze für problematisch. Wir sollten uns dringend mal unterhalten." dann entsteht, angemessene Berichterstattung vorausgesetzt, genau dieser Druck. Ein möglicher konkreter Aufhänger ist eine Aussage von CDU-Chef Merz auf dem letzten Parteitag, gegen ambitionierten Klimaschutz aber mit positiver Referenz auf "Ingenieure und Erfinder [1], welche zu vielen kritischen Reaktion unter dem Hashtag "#ichbiningenieur_in" geführt hat. Eine solche Kampagne und der Diskurs selbst muss (im Interesse des Klimaschutzes) gut vorbereitet werden. Für die Bundestagswahl im Herbst 2025 ist das noch ausreichend, aber nicht übermäßig viel Zeit. Falls es tatsächlich gelingt, könnte das Vorgehen durchaus auch Vorbildcharakter für andere Themen und ggf. auch andere Länder haben.
[1] https://social.tchncs.de/@cark/112410593017511636.